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Julian Brüne
von Julian Brüne

Die Identitätsfalle - Wer bist du wirklich?

To define is to limit
Oscar Wilde


Wer bin ich eigentlich?

Diese Frage kann der Beginn einer wundervollen Reise des Selbstentdeckens sein.

Oder sie kann für Kopfschmerzen sorgen.

Oder sie kann geradewegs in eine Falle führen.

Vor gut 7 Jahren dachte ich, endlich eine Antwort auf die Frage gefunden zu haben.

Ich hatte gerade das Buch "Still - die Kraft der Introvertierten" gelesen und zum ersten Mal in meinem Leben das Gefühl, mich verstanden zu fühlen. Jahrelang hatte ich gedacht, mit mir stimmt etwas nicht – weil ich lieber nachdenke, bevor ich spreche. Weil mir Smalltalk schwerfällt. Weil ich mich nach langen sozialen Interaktionen erschöpft fühle. Mein stilles Wesen wurde stets abgewertet.

Doch dann die Erkenntnis: Ich war nicht „komisch“ – ich bin einfach introvertiert.

Es fühlte sich wie eine Befreiung an. Die nächsten Wochen & Monate verbrachte ich damit, möglichst viel über Introversion herauszufinden, schließlich wollte ich es jetzt auch verstehen. Und genau das, war ein Fehler.

Ich bin in die Identitätsfalle getappt. Ich war so "besessen" davon alles über Introversion herauszufinden, dass ich mich unbewusst zu einem Stereotyp-Intro verwandelt habe. Ich habe davon gelesen, was Intros am ehesten für Musik hören, also habe ich die Musik gehört. Ich hab erfahren, wie die meisten Intros mit sozialen Interaktionen umgehen, also habe ich das imitiert.

Ich dachte, ich hätte meine Identität gefunden.

Dabei habe ich mir nur ein neues Label verpasst.

Und genau da lag das Problem.

Identität kann dir Halt geben. Sie kann ein Anker sein. Aber sie kann dich auch einschränken.

Sobald du deine Identität mit irgendwelchen Labeln zuklebst, bist du auf dem besten Weg dein Leben nicht besser, sondern monotoner zu machen.

Denn egal welche Worte du dafür findest, "wer" du bist, diese Worte werden dich in gewisser Weise immer einschränken. Dein Leben besteht aus so vielen Facetten, das lässt sich nicht zusammenfassen.

Denn du bist einzigartig.

Und jedes Label, dass du dir verpasst, schränkt diese Einzigartigkeit ein.

Also hafte deine Identität nicht an eine Berufsbezeichnung, ein Stereotyp, an eine politische Meinung und erst recht nicht an eine Zahl auf dem Bankkonto. Du bist mehr als dein Job. Mehr als dein Hobby. Mehr als dein Auto, egal wie teuer es war.

Überhaupt: Identifiziere dich mit nichts, was man dir wegnehmen kann.

Denn was ist, wenn dein Haus abbrennt? Wenn du deinen Job verlierst? Wenn dein Auto geklaut wird? Wenn die Aktienkurse abstürzen? Solche Ereignisse können schnell in einer Identitätskrise enden. Also denk gar nicht erst daran, dich anhand äußerer Faktoren zu messen.

Das gilt auch für die Label, die andere Menschen dir verpassen. Wir lieben es, Menschen in Boxen zu packen. Unser Verstand strebt nach Ordnung & Struktur. Wir wollen verstehen, wer jemand ist und was er macht. Da sind Stempel sind schnell verteilt:

"Er ist ein Arzt."

"Sie ist eine alleinerziehende Mutter."

"Er ist I-Phone User"

"Das sind XYZ-Partei-Wähler".

Nein verdammt. Sie sind alle viel mehr als das.

Du kannst nicht komplett beeinflussen, was andere Menschen von dir halten. Das ist okay.

Wichtig ist: Lass dich davon nicht beeindrucken oder einschränken.

Die Erwartungen anderer an dich müssen dich nicht kümmern. Das ist nicht dein Job.

Du entscheidest selbst, wer du bist.

Und noch wichtiger: Du entscheidest selbst, wer du sein möchtest.

Sobald du dich einmal davon gelöst hast, in Labeln über dich zu denken, kannst du damit beginnen dich und dein Leben als Geschichte zu betrachten.

Anstatt auf den Status quo zu schauen, schau auf das nächste Kapitel deines Lebens.

Anstatt "Wer bin ich?" zu fragen, frage dich "Wer möchte ich sein?"

Welche Geschichte möchtest du mit deinem Leben erzählen?

Wenn in dir auch nur ein klitzekleiner Funken Selbstbestimmung übrig ist, dann wirst du spätestens mit dieser Frage erkennen, das dein Ziel niemals war irgendeinem Label zu entsprechen. Sondern das es darum geht, dich in deiner Einzigartigkeit auszuleben.

Leben, nicht labeln.

Und wovon lebt eine Geschichte?

Von Handlung.

Deswegen ist es wohl kein Zufall, dass das Wort Identität ursprünglich "wiederholtes Sein" bedeutet.

Deine Routinen, deine Gewohnheiten, deine Gedanken, deine weirden Spleens & Marotten. Das was du immer wieder tust, ist das, was dich ausmacht.

Identität ist nichts Starres. Du bist kein Schriftsteller, weil du es sagst. Du bist ein Schriftsteller, weil du schreibst. Du bist kein Sportler, weil du Sportklamotten trägst. Du bist ein Sportler, weil du trainierst.

Das Gute daran ist: Das kannst du immer wieder ändern, neu formen und austauschen.

Konzentriere dich auf deine Geschichte.

Folge deiner Neugier.

Werde dir klar darüber, wie das nächste Kapitel deines Lebens aussehen soll.

Lass dich nicht durch Label, Berufsbezeichnungen & Stereotype einengen, sondern frage dich, wie du dich verhalten musst, um zu erreichen, was du dir wünscht.

- Was musst du tun?

- Was musst du essen (auch mental)?

- Wie möchtest du dich fühlen?

- Worüber möchtest du nachdenken?

Denn das ist es, was am Ende deine Identität ausmacht.

Weißt du: Ich möchte Schriftsteller sein. Ich möchte aber nicht irgendein Stereotyp-Schrifsteller sein, sonder ich möchte Julian sein – der auch Bücher schreibt und vom Schreiben leben kann. Und trotzdem manchmal lieber zockt, als Bücher liest. Der einen athletischen Körper haben möchte, dessen Lieblingsessen aber Pizza ist. Der Julian, der politisch eher progressiv ist, aber bei technischen Neuheiten erstmal fragt "wofür brauche ich den Scheiß?".

Label sind so beliebt, weil sie übersichtlich sind. Sie geben deinem Selbstbild eine gewisse Struktur.

Aber deine wahre Identität ist vielmehr ein wandelnder Widerspruch.

Deine Aufgabe ist es, diese Widersprüche auszuhalten. Wie all deine liebsten Charaktere in Büchern und Filmen. Ihre Gegensätze machen die Geschichten doch erst so interessant.

Deine Lebensgeschichte übrigens auch.

Erlaube dir undefinable zu sein.

Du bist undefinierbar.

Und das ist eine verdammt gute Nachricht.


Zum Abschluss noch eine Frage für dich:


Welche Seiten von dir versteckst du? (und warum?)
Nutze diese Frage gerne als Journaling-Impuls
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