Eine Mail, die vielleicht dein Leben verändert. Jeden Sonntag.
Eine Mail, die vielleicht dein Leben verändert. Jeden Sonntag.
Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin, dass er tun kann, was er will, sondern, dass er nicht tun muss, was er nicht will.Jean-Jacques Rousseau
In diesem Letter werden wir eine Illusion platzen lassen:
Die "Illusion der Freiheit"
Der Traum von einem selbstbestimmten & kreativen Leben, wird häufig begleitet von der Vorstellung, frei von Verpflichtungen zu sein und ganzen Tag Zeit zu haben für unsere Lieblingsbeschäftigungen. Einfach nur Schreiben. Einfach nur malen. Einfach nur "was auch immer" - Hauptsache keine lästigen Pflichten, die es zu erledigen gilt.
Die unbequeme Wahrheit ist: Das ist alles nur eine schöne Illusion.
In unserem Leben wird es immer Verpflichtungen geben. Egal wie "frei" wir sind.
Zum einem sind da körperliche Verpflichtungen: Du brauchst genug Wasser, du musst etwas Essen, dein Körper braucht Schlaf. Du musst dich um ihn kümmern.
Dann gibt es soziale Verpflichtungen: Freunde, Familie – jede Beziehung, die du führst, braucht Pflege. Mal mehr, mal weniger, aber ganz ohne geht es nicht. Du musst dich auch um die Menschen in deinem Umfeld kümmern, denn ganz ohne Menschen kannst auch du nicht leben (und das sage ich als hochgradig introvertierte Person)
Darüber hinaus gibt es noch weitere Verpflichtungen für dein Wohlergehen. Du musst dafür sorgen, das du gesund bleibst, ein Dach über dem Kopf hast, vor Gefahren geschützt bist, finanziell ausreichend versorgt bist.
Kurz gesagt: Ein Leben ohne Verpflichtungen ist nicht möglich. Ein Leben ohne Verpflichtungen bedeutet Tod.
Das gilt auch im Kontext der Selbstverwirklichung.
Wenn du dich selbstständig machst (eine Erfahrung, die ich nur empfehlen kann), dann hast du grundsätzlich erstmal mehr Freiraum als ein Angestellter. Du kannst dir deine Zeit freier einteilen, musst nicht zwingend ins Büro fahren und niemand achtet darauf, ob du auch wirklich 40 Stunden die Woche arbeitest.
Diese Freiheit geht aber auch mit Verpflichtungen einher. Du musst dich zum Beispiel um Steuern kümmern (oder jemanden dafür beauftragen). Du musst das Verkaufen lernen. Mit finanzieller Unsicherheit leben können. Deine eigenen Prozesse schaffen, damit du nicht im kreativen Chaos versinkst. Möglicherweise musst du auch lernen, deinen Kaffee alleine zu trinken, ohne das Pläuschen mit Kolleginnen.
Ich möchte dir keine Angst vor der Selbstständigkeit oder jeden anderen Art der selbstbestimmten Entfaltung machen, sondern die Augen öffnen, dass die Wunschvorstellung von einem Leben in Freiheit, in gewisser Weise eine Illusion ist. Du wirst niemals komplett frei sein.
Aber das ist überhaupt nicht schlimm.
Denn es geht nicht darum, alle Pflichten loszuwerden.
Die entscheidende Perspektive ist eine andere:
Stell dir vor, das Leben wäre ein Spielplatz und alle Menschen würden ständig zur Rutsche gehen. Sie rufen dir zu:
"Das ist das beste, was du tun kannst!"
"Es gibt nichts besseres als die Rutsche!"
"Du musst unbedingt auch Rutschen!"
Du entscheidest dich, aber lieber schaukeln zu gehen. Du bestimmst also selbst, was du machen möchtest. Ein Akt der Freiheit. Du bist frei in deiner Entscheidung, aber nicht frei von Verpflichtungen.
Vielleicht musst du dir selbst Anschwung geben. Das Alleinsein aushalten. Die komischen Blicke der anderen ertragen, die an der Rutsche anstehen. Den eigenen Weg zu gehen, macht auf der einen Seite frei und bringt eigene Verpflichtungen mit – aber eben diejenigen, die du dir selbst ausgesucht hast.
Und das ist der entscheidende Unterschied:
Freiheit ist nicht das frei sein von Verpflichtungen.
Freiheit ist die Möglichkeit, dir deine eigenen Verpflichtungen aussuchen zu können.
Auch wenn sie sich manchmal unangenehm anfühlen, so braucht es im Leben eben bestimmte Regeln, Routinen & Grenzen.
Denn sie geben deinem Leben Struktur und Sinn. Sie sind wie ein Kompass, der dir anzeigt, was du tun musst.
Und dein Gehirn braucht in einem gewissen Rahmen Ordnung & Regeln. Die Vorstellung von "absoluter Freiheit" würde nur zu Überforderung & Lähmung führen und ganz schnell in Unzufriedenheit enden. Denn du kannst nicht "alles" im Leben machen, irgendwann ist deine Zeit zu Ende. Du musst Entscheidungen treffen.
Wenn du dich künstlerisch ausleben möchtest und Bilder malen möchtest, dann musst du gewisse Techniken lernen, dich mit Farben & Materialien beschäftigen. Du musst bereit sein, am Anfang möglicherweise katastrophale Bilder zu malen. Du musst dir aktiv Zeit in deinem Alltag dafür freiräumen. Du musst damit umgehen können, das du vielleicht an dir selbst zweifelst. Du musst bereit sein, all dies auf dich zu nehmen.
Denn ohne diese Verpflichtungen dir selbst gegenüber, würde der Traum von der Malerei eben nur ein Traum bleiben.
Jetzt sagst du vielleicht: Aber das fühlt sich gar nicht wie eine Pflicht an.
Und genau darum geht es.
Ein kreatives Leben braucht Verantwortung.
Echte Selbstverwirklichung braucht klare Entscheidungen & Verpflichtungen.
Wichtig ist, dass du dir diese Verpflichtungen selbst aussuchen kannst. Und diese Entscheidung möglichst bewusst triffst. Sodass es sich dann (irgendwann) nicht nach Einschränkung anfühlt.
Dann bist du wirklich frei.
p.s. Möglicherweise habe ich das Wort Verpflichtungen (zu) oft in diesem Letter genutzt. Aber wenn es geholfen hat, weniger Abneigung dem gegenüber zu haben, dann war es das wert.
Zum Abschluss noch eine Frage für dich:
Welche Verpflichtungen bin ich bereit einzugehen, um meinen Traum zu erfüllen?
Nutze diese Frage gerne als Journaling-Impuls